Mit Frau Mag. Dorothea Gruber verlässt am Ende des Schuljahres 2021/22 eine Vollblut-Lehrerin die Bachgasse. Generationen von Schüler*innen haben mit Frau Mag. Gruber nicht nur Englisch und Bewegung & Sport für Mädchen gelernt. Auch fürs Leben hat ihnen diese Lehrerin eine ganze Schatzkiste mitgegeben, denn sie war in den Bereichen Soziales, Bildungsberatung, im Schulgemeinschaftsausschuss und der Personalvertretung aktiv.
Wir haben Frau Mag. Gruber zum Interview gebeten und viel über die Arbeit und Herausforderungen einer Lehrerin erfahren:
1. Elternverein Bachgasse: Stimmt es, dass Sie ab kommendem Schuljahr nicht mehr an der Bachgasse sind?
Dorothea Gruber: Ja, das stimmt: Ab 1. August 2022 werde ich an der Österreichischen Schule in Istanbul unterrichten. Dort werde ich voraussichtlich auch in Pension gehen.
2. EV: Wie lange haben Sie an der Bachgasse unterrichtet?
DG: 15 Jahre. Zuvor unterrichtete ich 6 Jahre in Innsbruck, dann bin ich nach Laxenburg übersiedelt, habe als Sportwissenschaftlerin gearbeitet und 2007
kam die Bachgasse.
3. EV: Was schätzen Sie besonders am BG Bachgasse?
DG: Dass alles so unaufgeregt ist. Es wird miteinander geredet und man versucht, Kompromisse zu finden. Wenn ich an so mache Schüler:in denke, die in der Schulgemeinschaft Schwierigkeiten hatte – wir haben immer einen Weg gefunden, der für Schule und Jugendliche gangbar war. Ohne großen Wirbel und ohne jemanden an den Pranger zu stellen. Manchmal ist man aufeinander sauer, aber man geht wieder aufeinander zu. Manchmal wartet man lieber einen Tag, schläft eine Nacht darüber. Das Wichtigste ist doch immer, dass die Schüler:innen eine gute Ausbildung – wo auch immer – erhalten.
In WhatsApp-Gruppen zum Beispiel geht die Kommunikation so schnell. Oft ist es besser, ein wenig abzuwarten ehe man antwortet. Konflikte soll man sachlich besprechen, Streit dagegen ist so emotional. Corona hat auch viele Emotionen freigesetzt, aber ich denke, wir haben es gut geschafft durch diese intensive Zeit. Das Um und Auf ist, alle gleich zu behandeln, egal ob man befreundet ist oder nicht.
Am besten ist: Wenn es persönliche Probleme gibt, diese immer ansprechen und miteinander reden.
4. EV: Sie unterrichten nicht nur BSM und Englisch, Sie machen auch Bildungsberatung und sind im sozialen Bereich der Bachgasse sehr aktiv – haben wir noch was vergessen?
DG: Das Programm der Buddys & die Peer-Ausbildung durfte ich mit aufbauen und habe dies bis zum Beginn des heurigen Schuljahres auch mitbetreut. Mit Mag. Christiane Wimmer (Link zum Interview: https://www.bachgasse.at/category/vor_den_vorhang/ ) haben wir unsere Nachfolger:innen eingeschult. Außerdem war ich viele Jahre lang SGA (Schul-Gemeinschafts-Ausschuss)-Mitglied und Teil der Personalvertretung. Wie es oft ist an einer Schule, es kommen immer mehr Gschäftln dazu.
5. EV: Was waren Ihre schönsten Erlebnisse?
DG: Davon gibt es viel zu viele, um sie hier aufzuzählen. Das Vertrauen, das mir immer wieder entgegengebracht wird, das gemeinsame Lachen und die vielen freundlichen Gesten sind Puzzleteile, aus denen diese schönen Erlebnisse zusammengesetzt sind. Die Anerkennung meiner Arbeit spiegelt sich sicher im Teacher Award wider, den ich schon mehrmals gewinnen durfte. Interessanterweise war dies stets in der Kategorie „Verständnis“. Das sollte mir zu denken geben und mich dazu motivieren, an meiner Unterrichtsqualität zu arbeiten.
Ich bin aber auch auf einen Schüler sehr stolz, der, als er im Bundesfinale des Sprachenwettbewerbs stand, gemeint hat, dass ich dazu beigetragen habe, dass er die Liebe zur Englischen Sprache entdeckt hat.
Die vielen positiven Rückmeldungen, die ich gerade jetzt wo ich die Bachgasse verlasse, von Schüler:innenseite bekomme, machen mir den Abschied noch schwerer. Ich sage immer, dass der Mödlingbach Ende Juni übergehen wird, da ich so nah am Wasser gebaut bin. Daheim hab ich eine ganze Kiste mit kleinen Briefen und ich bin wirklich stolz darauf, zu vielen Schüler:innen auch nach deren Schulzeit Kontakt zu haben und mich mit ihnen auch manchmal auf einen Kaffee zu treffen um Erinnerungen auszutauschen oder auf den neuesten Stand des beruflichen und privaten Werdegangs gebracht zu werden.
6. EV: Was ist Ihnen als Lehrerin besonders wichtig?
DG: In jeder Stunde muss einmal gelacht werden! Egal in welchem Fach.
Wenn ich in eine Stunde komme und sehe aber, dass es die Klasse heute einfach nicht schafft, dann machen wir einen Schritt zurück und nehmen auf die Probleme der Klasse Rücksicht, reden darüber. Trotzdem sage ich meinen Schüler:innen gerne wenn es nicht gut geht, „Beißt euch durch, denn ihr lernt fürs Leben.“
Schule ist eine Ansammlung von Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Die Lehrer:innen haben einen Bildungsauftrag, die Eltern einen Erziehungsauftrag und die Schüler:innen den Auftrag zu lernen. Schule ist ihr Job, den sie so gut wie möglich machen müssen. Vor allem nach der 9. Schulstufe ist Schule für die Jugendlichen wie ein Beruf, eine Arbeitsstelle. Das sollte man ernst nehmen und das Beste geben. Wenn es einmal Probleme gibt, ist der erste Weg ist immer direkt zur betroffenen Lehrperson, dann zum KV und dann erst in die Direktion.
Wenn ich in einem Job in der Wirtschaft gut bin, bekomme ich mehr Geld. Wenn Lehrer:innen gut sind, bekommen sie positives Feedback von den Kindern. Wenn die Kinder gut sind, bekommen sie gute Noten. Wenn alle Beteiligten darauf achten, bildet sich eine Spirale nach oben!
7. EV: Was mögen Sie am Beruf der Lehrerin?
DG: Die Abwechslung – jede Stunde ist anders, alle Schüler:innen sind im positiven Sinne unberechenbar und das trägt dazu bei, dass der Beruf immer spannend bleibt.
8. EV: Wir erleben gerade einen Zeitenwandel, viele Bereiche unserer Gesellschaft ändern sich. Welche Herausforderungen sehen Sie im Lehr-Beruf für die Zukunft?
DG: Abgrenzen ist wichtig, zum Beispiel am Wochenende das Handy ausschalten.
Eine Herausforderung ist sicher der Unterricht mit Digitalisierung: Die digitale Welt muss in der Schule einziehen. Aber Lehrer:innen sind Menschen, wir haben andere Aufgaben: Wissen nicht nur abspulen sondern weitergeben, genaues Erklären und auch das Sehen & Fühlen vermitteln.
Unterricht über Zoom ist einfach nicht dasselbe. In der Klasse sind Lehrer:innen auch für das Klima zuständig. Wissen steht ja in Büchern oder im Internet. Von den Lehrer:innen muss das Empathische dazu vermittelt werden.
Wichtig für die Lehrer:innen-Ausbildung in den pädagogischen Hochschulen wäre mehr Praxis und die Möglichkeiten verschieden Schularten kennenzulernen, aber das Allerwichtigste bleibt dabei, dass der Mensch wieder in den Mittelpunkt gerichtet werden muss.
9. EV: Gerade der Bereich Sportunterricht ist durch die Corona-Krise in die Schlagzeilen gekommen. Wie erleben Sie als Sportlehrerin die Kinder und Jugendlichen im Unterricht?
DG: Alles war gut, als wir spazieren gegangen sind. Viele Kinder mochten es gern, man konnte miteinander reden beim Gehen. Jetzt jammern so viele: Ich mag nicht am Sportplatz Laufen oder nicht Schwimmen.
Manche haben das Gefühl, Sport sei unwichtig als Fach. Viele Kinder sind überhaupt ohne Turnsachen in der Schule! Ich weiß dann nicht, womit ich sie abholen kann. Ich denke, es wird wieder besser werden, wenn man nicht mehr auf den Sportplatz gehen MUSS, sondern auch im Turnsaal turnen kann. Da kann man zum Beispiel Paar-Übungen mit der Freundin machen, das mögen viele Kinder gern.
10. EV: Was können Familien tun, um ihre Kids zu mehr Sport zu motivieren?
DG: Am wichtigsten ist die Vorbild-Wirkung der Eltern. Gemeinsam Bewegung machen und Sport nicht aus Sorge vor Verletzungen oder eigener Bequemlichkeit unterbinden. Ein wertvoller Beitrag dazu wäre es, Bewegung im Alltag zu fördern: Viele unserer Schüler:innen könnten zum Beispiel mit dem Fahrrad in die Schule fahren. Vor kurzem gab es dazu ein tolles Projekt mit den ersten Klassen, bei dem Sicherheit im Verkehr trainiert wurde (verlinken: https://www.bgmoedling-bach.ac.at/mobilitaetsprogramm-des-oeamtc-1a-1b-1c-1e-1f-1g/ )
Meine wichtige Bitte lautet daher: Bitte schickt die Kinder raus, ins Freie!
Ein weiterer wichtiger Punkt ist natürlich auch die Jause: Oft haben die Familien in der Früh nicht die Zeit, eine gesunde Jause in die Jausenbox zu füllen, aber man sollte mit den Kindern besprechen, wofür das Geld fürs Buffet ausgegeben werden soll – Ernährung und Bewegung gehören zusammen für die Gesundheit unserer Kinder.
EV: Herzlichen Dank für das Gespräch und Ihren jahrelangen Einsatz an der Bachgasse. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die neuen Aufgaben!
Zur Person: Mag.a Dorothea Gruber
Familie: zwei erwachsene Töchter

Foto: BG Bachgasse
Hobbys: Handarbeiten (Nähen, Stricken, Sticken, Spinnen), Handwerken, Vespa fahren und natürlich Sport: Judo (3. Dan, jetzt leider nur mehr Zuseherin), Fitnesstraining (Group Fitness, Koordinationstraining), Radfahren, Nordic Walken und Steirische Harmonika spielen.
Lieblingsmusik: Für den Sport brauche ich viel Musik, auch im Unterricht. Privat mag ich gern „Alma“ www.almamusik.at und das Herbert Pixner Projekt www.herbert-pixner.com
Lebensmotto: Da fällt mir ein Zitat Winston Churchills ein. Der hat zwar „No sports.“ gesagt, aber auch „Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.“ Das gefällt mir sehr gut. Ich interpretiere dies für mich so: „Jeder Rückschlag bringt mich weiter und wenn ich durchhalte, auch eine Stufe höher.“